Der Geistige Ehebruch

Wie schaut der Entwicklungsprozess eines solchen geistigen Ehebruchs aus?  

 

·       Enttäuschung und Täuschung

Stress und Übermüdung schwächen das eigene Wahrnehmungs- und Urteilsvermögen. Der Ehepartner hat nicht mehr die Zeit oder das Vermögen, alles aufzunehmen, was einen selbst beschäftigt. Man fühlt sich von ihm nicht ernstgenommen oder vernachlässigt. Beruflicher Erfolg, der blind für Schwächen und Versuchungen macht, kann dazukommen. Ein Geschäfts- oder Dienstpartner des anderen Geschlechts ist, bedingt durch die gemeinsame Arbeit, häufiger Kommunikationspartner. Der Austausch zwischen diesen beiden weitet sich auch auf private Themen aus.  Dies erscheint für das gemeinsame Projekt auch sinnvoll.

·       Die Ehe erkaltet

Der Ehepartner versucht, das Tempo des Arbeitseinsatzes verständlicherweise zu bremsen, was beim Betroffenen aber als ein persönlicher Affront ausgelegt wird. Man fühlt sich noch weniger verstanden.

Die sexuelle Beziehung in der Ehe wird immer mehr eine mechanische Angelegenheit, falls es überhaupt noch dazu kommt. Das führt zu einer weiteren Beeinträchtigung der emotionalen Beziehung.

·       Gefühle zu Dritten entstehen

Die Beziehung zum Arbeitspartner dagegen wird immer mehr als angenehm erlebt. Gefühle leben auf, die sich zunächst auch zuhause in der Ehe positiv auswirken.

Die romantischen Gefühle zum nichtehelichen Partner werden plötzlich bewusst. Der nichteheliche Partner erkennt ähnliche emotionale Prozesse bei sich selbst. Ängste und Befürchtungen werden beiseitegelegt, denn es handelt sich ja "nur um eine wichtige, unterstützende Arbeitsbeziehung", vielleicht sogar "für das Reich Gottes".

·       Die „Unschuld“ der romantischen Beziehung

Die Beziehung tut gut, stärkt, und ist in diesem Augenblick meist noch völlig frei von jeglichen sexuellen Wünschen. Falls es zu Warnungen von Seiten anderer kommt, was selten ist, werden diese als Unterstellung ("Wie kannst du nur so etwas von mir denken!") oder als Projektion ("Bei ihm selbst müsste man diese Bedenken haben, nicht bei mir!") abgetan.

Die romantische Beziehung vertieft sich und falls sich doch ein Warnsignal festsetzt, forscht man nach einem schlechten Gewissen, und da ist keines! Und sexuelle Wünsche sind auch nicht vorhanden!

·       Die direkte Versuchung

Die ersten körperlichen Berührungen folgen und führen wie ein Sog in sexuelle Kontakte. Zwei Seelen wohnen nun in einer Brust: Schuldgefühle und herrliche Gefühle! Jetzt beginnt man, diese Beziehung durch Argumente zu rechtfertigen. Diese "herrlichen" Gefühle setzen auch neue Kräfte für die Arbeit oder für den Dienst frei. Was liegt nun näher, von dieser neuen Kraft und dem folgenden Erfolg auf den Segen Gottes zu schließen? Oft spürt man plötzlich Gott wieder stärker als in den Jahren vorher. Die Frage kommt auf, ob das nicht der oder die eigentlich von Gott vorgesehene Partner/Partnerin ist?

·       Die Verirrung

Als Christen haben beide vorher schon oft um Vergebung für ihr sündiges Verhalten gerungen. Ist das nicht genug Buße? Warum hat Gott denn die Gefühle füreinander nicht weggenommen? 

Der fatale Schluss aus solchen gedanklichen Fragen kann sein, dass auch Gott diese Beziehung gutheißt.

Kommt das Ganze dann ans Licht, entscheiden sich die einen für die neue Beziehung und die anderen müssen einen längeren, meist schmerzlichen Weg der Umkehr gehen, um ihre Ehe zu erneuern.

 

Wie geistiger Ehebruch vermieden werden kann und welche seelsorgerlichen Schritte notwendig sind, um aus einer solchen Situation wieder herauszukommen, kann nachgelesen werden bei John Sandford: Warum begehen Christen Treue (Ehe)bruch? Verlag Gottfried Bernard, Solingen, 1992. (Quelle: Befreiende Wahrheit Nr. 1, Sept. 1993, S.16+17)